Die Kameras moderner Smartphones werden immer besser. Lohnt es sich noch, eine Spiegelreflexkamera (DSLR) mitzuschleppen? Ich habe das iPhone 12 Pro gegen eine Canon EOS 77D antreten lassen.
Inhaltsverzeichnis
Kameradaten – Brennweite & Megapixel (Handy Kamera vs Spiegelreflex)
Die Hauptkamera des Apple iPhone 12 Pro Smartphones liefert 12 Megapixel und besitzt eine Brennweite von 26 mm (auf Kleinbild gerechnet). Das iPhone 12 Pro Max zählt aktuell zu den besten Handykameras.
Die Canon EOS 77D APC-C Spiegelreflexkamera hat 24 Megapixel. Für den Test habe ich das 18-55 mm IS STM Kitobjektiv bei 18 mm genutzt. Auf Kleinbild gerechnet hat es eine Brennweite von etwa 28-90 mm.
Auch wenn es sich bei beiden Modellen nicht mehr um die allerneuesten Modelle handelt, so bleibt der Vergleich und die Ergebnisse immer noch relevant.
Fotografieren mit Handy oder Kamera – Das Testsetup
Für das Testbild habe ich die Skyline der Stadt Halle vom Dach des Mitteldeutschen Multimediazentrums aus fotografiert. Durch das gute Wetter bei den Aufnahmen musste ich mir keine Gedanken darum machen, dass die Bilder verwackelt sein könnten.
Da die Spiegelreflexkamera (DSLR) wie oben geschrieben normalerweise 24 Megapixel liefert, habe ich die interne Einstellung auf 11 Megapixel heruntergeschraubt. So sind die Ergebnisse wesentlich besser vergleichbar. Zudem habe ich das JPG Dateiformat für die Bildaufnahme genutzt. Beide Kameras können auch Bilder im RAW Format aufzeichnen, aber in der Praxis nutze ich beim Smartphone dieses Feature so gut wie nie.
Die Smartphone Kamera des iPhone 12 Pro habe ich im Automatikmodus genutzt, sodass es Blende, ISO und Belichtungszeit selbst wählen konnte. Dabei kamen folgende Einstellungen heraus:
- Blende: 1.6
- ISO: 32
- Belichtungszeit: 1/3509 Sekunde
Mit der Canon EOS 77D Spiegelreflexkamera habe ich im AV Modus fotografiert. Hier lege ich Blende und ISO fest und die Kamera berechnet selbst die Belichtungszeit. Das Vergleichsbild ist dann bei folgenden Einstellungen entstanden:
- Blende: 6.3
- ISO: 100
- Belichtungszeit: 1/320 Sekunde
Kamera oder Smartphone – Die Bilder im Vergleich
Gesamtbild
Hier erst einmal beide Bilder von Handy und Kamera im Vergleich. Oben das iPhone, unten die DSLR.
Wenn ich mir das Gesamtbild anschaue, dann fällt als erstes auf, dass der Bildausschnitt bei der DSLR etwas enger gefasst ist. Das liegt daran, dass die Kamera des iPhone wie oben beschrieben etwas weniger Brennweite hat als das Kit-Objektiv der Spiegelreflexkamera. Somit ist das Bild etwas weitwinkliger aufgenommen.
Die Smartphone Kamera des iPhone nutzt im Automatikmodus Funktionen wie HDR, um unterschiedliche Helligkeiten auszugleichen. Daher ist der Himmel etwas dunkler als bei der DSLR Aufnahme. Die Belichtung des iPhones ist insgesamt etwas kontrastreicher und die Farben wärmer.
Bildausschnitt Mitte
Um die Schärfe beider Kameras miteinander zu vergleichen, habe ich einen 100 % Bildausschnitt aus der Mitte des Bildes gewählt.
Links ist das iPhone 12 Pro Smartphone zu sehen, rechts die Canon EOS 77D Spiegelreflexkamera.
Beide Kameras liefern ein sehr gutes Bild. Beim Smartphone ist speziell am linken Turm zu sehen, dass die Software die Bilder intern relativ stark nachschärft. Das Bild aus der DSLR ist für mich etwas detailreicher, auch wenn der Unterschied nicht besonders groß ist.
Bildausschnitt Ecke
In den meisten Fällen sind Objektive in der Mitte schärfer als am Rand des Bildes. Deshalb habe ich auch einen 100 % Bildausschnitt aus der rechten unteren Ecke des Bildes für den Vergleich gewählt.
Links wieder das Smartphone, rechts die DSLR.
Das Bild des iPhones ist kontrastreicher. Das wirkt auf den ersten Blick angenehmer. In Sachen Schärfe hat die DSLR jedoch wieder leicht die Nase vorn. Das ist besonders gut beim Einbahnstraßenschild zu sehen: Dieses ist zwar links kontrastreicher, rechts lässt sich die Schrift aber noch etwas besser lesen. Auch hier sind die Unterschiede jedoch nicht wahnsinnig groß.
Beide Bilder zum Download
Wenn du die Bildqualität eines Smartphones und einer Spiegelreflexkamera selbst miteinander vergleichen möchtest, kannst du dir hier beide Bilder herunterladen:
Smartphone vs. DSLR Vergleich (zip Datei, 6,5 MB)
Mein Fazit zum Smartphone vs. DSLR Kamera Vergleich
Beide Kameras liefern ein gutes Bild. Auch wenn das Smartphone “nur” 12 Megapixel hat, lassen sich hiermit ebenfalls größere Drucke der Urlaubsfotos anfertigen. Ein großer Vorteil der Smartphone Kamera: Einstellungen für unterschiedliche Helligkeiten im Bild (HDR) nimmt die Handykamera selbst vor. So braucht es in vielen Fällen keinerlei Nachbearbeitung.
Die Spiegelreflexkamera liefert ein minimal schärferes Bild. Im Test habe ich nur 12 Megapixel genutzt, in der Praxis haben moderne Spiegelreflex- und Systemkameras 24 Megapixel und mehr. Die Auflösung der Bilder ist also doppelt so hoch und ermöglicht dadurch größere Drucke. Im Punkt Megapixel und Schärfe zwischen Handy vs. Kamera hat die „große“ also die Nase vorn.
Bewusstes Fotografieren
Auch ich tendiere dazu, möglichst leichtes Fotoequipment mitzunehmen. 95 % meiner Bilder, die es in die Jahresauswahl schaffen, entstehen aber vom Stativ aus. Zwischendrin ist es angenehm leichtfüßig, eine kleine und leichte Kamera ohne Stativ zu nutzen. Neben einer Sony RX100 VA Kompaktkamera ist das auch zunehmend häufiger das Smartphone (aktuell das Samsung Galaxy S10).
Bei der Auswahl der Bilder merke ich aber immer wieder, dass ich mich mehr mit dem Bild beschäftige, je größer und schwerer die Kamera war. Ich mache mir so noch vor der Aufnahme mehr Gedanken um das Bild. Dadurch werden die Bilder mit meiner Spiegelreflexkamera besser als mit meinem Smartphone.
Für mich bedeutet eine “richtige” Kamera auch bewussteres Fotografieren. Ich widme den Aufnahmen dann volle Aufmerksamkeit, anstatt nur nebenher zu “knipsen”.
Dazu zählen auch die unterschiedlichen Objektive, Filter und Einstellmöglichkeiten an einer Spiegelreflex- oder Systemkamera. Die Auswahl ist groß, aber ich kann eben alles selbst festlegen. So muss ich nicht auf eine Automatik vertrauen, sondern kann mein Bild genau so gestalten, wie ich es haben möchte.
Neben dem zusätzlichen Gewicht zählt aber zu dieser “ernsthafteren” Fotografie auch, dass ich mich mit all diesen Möglichkeiten befassen muss. Eine Spiegelreflexkamera kaufen und dann im Automatikmodus auf bessere Bilder hoffen, funktioniert nicht. Fotografie ist eine Kombination aus Kunst und Handwerk. Um deine Bilder nach deinen Vorstellungen gestalten zu können, ist es nötig, auch das Handwerk zu beherrschen.
Ich hoffe, dass ich dir mit meinem Beitrag etwas bei der Entscheidung zwischen Smartphone und Spiegelreflexkamera helfen konnte. Falls du dich für eine Spiegelreflex- oder Systemkamera entscheidest, dann hilft dir vielleicht mein Beitrag über das Fotografieren lernen.
Quellen
- CCD or CMOS Image Sensor For Photography
- Adaptive hybrid mean and median filtering of high-ISO long-exposure sensor noise for digital photography
- Sensor-realistic Synthetic Data Engine for Multi-frame High Dynamic Range Photography
- Dual-Tap Computational Photography Image Sensor With Per-Pixel Pipelined Digital Memory for Intra-Frame Coded Multi-Exposure
- Efficient poisson denoising for photography
- Smartphone imaging technology and its applications
- A High-Quality Denoising Dataset for Smartphone Cameras
- Status of the CMOS Image Sensor Industry 2021
- Sensors and Cellphones
Wie sind deine Erfahrungen mit den Unterschieden zwischen Smartphone und Spiegelreflexkamera? Schreib mir in den Kommentaren!
Hallo,
wie schon erwähnt, werden gute Fotos vor dem Auslösen gemacht, nämlich bei der Bildkomposition und mit den passenden Einstellungen. Dabei spielt dann das Equipment (eine Mindestqualität vorausgesetzt) außer bei Extrembedingungen heutzutage meist nur eine untergeordnete Rolle.
Die Handykameras gewinnen immer mehr Bedeutung, da sie „immer dabei“ sind und von der Bildqualität auch laufend dazugewinnen. Damit ist dann die Chance für ein gelungenes und u.U. außergewöhnliches Foto deutlich größer als mit großem teuren und technisch ausgeklügeltem Equipment, das samt toller Linse aber aus Gewichtsgründen zuhause geblieben ist.
Wenn es rein um den Vergleich der Qualität des Handyfoto gegen APS-C oder Vollformat-Systemkamera oder DSLR gehen soll, dann muss man die Fotos auch mit voller Auflösung machen (insbesondere bei JPG und Automatikmodus) um zu einem echten Urteil zu kommen.
In der Realität würde man das Foto mit einer „großen Kamera“ in dieser Lichtsituation auch mit >1/125, Blende 8-10, bei ISO100-400 und mit einer Festbrennweite machen. Dann zeigen sich die wirklichen Qualitätsunterschiede.
Eine moderne System- oder DSLR ist dem Handy in den Feinheiten und besonders in Grenzbereichen immer überlegen aber eben nicht immer dabei.
Mal abgesehen davon, dass ich es ziemlich mutig finde, Kameras ohne HDR-Technologie als modern zu bezeichnen, genügen Systemkameras aufgrund eingeschränkter Dynamik und propretärer RAWs sowie Schlepperei und umständlicher Objektivschrauberei immer weniger den Anforderungen heutiger Fotografen.
Also ich bin immer überrascht was mit diesem kleinen Handys möglich ist. Im Weitwinkel!
Aber Megapixel und Software sind nicht alles.
In dem Vergleich ist die DSLR genau so schlecht wie das Handy gut ist.
Ich habe mir in der letzten Zeit öfter alte Fotos angeschaut die ich mit meiner Nikon D90 und Tamron Objektiv gemacht habe. Selbst im Automatikmodus wirken viele Bilder einfach besser als von meinem iPhone.
Und die Nikon ist wahrlich keine Profi Kamera. Aber mit gutem Objektiv macht sie gute Bilder.
Wir machen beim Sport immer wieder Gruppenfotos und die sind mit dem Handy einfach nur schrecklich.
Man sollte bedenken, bei der Smartphonekamera wird mit der Software das rausgeholt was überhaupt rauszuholen ist, damit da überhaupt was gut brauchbares raus kommt.
Das ersetzt mir aber nicht das 1000€ Objektiv.
Die Ergebnisse beim Smartphone sind sehr davon abhängig, wie der Hersteller die Bildbearbeitung abstimmt. Da kann man nicht pauschal Smartphone sagen.
Hallo,
Das Problem in der heutigen Zeit ist, dass alles schnell gehen muss und die Leute sich immer mehr assistentieren lassen wollen. Die wenigsten wollen irgendwas selbst machen bzw. aktiv sich Gedanken machen. Hauptsache die Kamera muss alles können. Das findet man in vielen Bereichen. Ich fotografiere hauptsächlich mit meiner D850 (im manuellen Modus) und bin sehr zufrieden. Das Smartphone kommt nur für Schnappschüsse zum Einsatz. Ich nehme mein Equipment fast überall mit.
Liebe Grüße
Phillip
Ich sehe das nicht als Problem, weil es immer darauf ankommt, was der Nutzer der Geräte will.
Wenn man gezwungen ist, proprietäre RAWs zu entwickeln, damit man überhaupt gute Bilder aus den Systemkameras bekommt, dann ist bereits das ein Grund, eine solche Kamera nicht zu kaufen, weil in wenigen Jahren der Hersteller keine Konverter mehr für diese RAWs zur Verfügung stellen wird.
Allein deshalb kaufe ich nur noch Smartphones und die Systemkamera wird nur noch für den Ultraweitwinkel mitgeschleppt, falls ich mal nicht drum rum komme.
Hallo,
kurzweilige Geschichte, die sich in 1200m Tiefe, in einer afrikanischen Mine zugetragen hat:
Ein afrikanischer Bergbauing. und ich waren mit Geomonitoring beschäftigt, nach Beendigung der Arbeit zog er eine analoge Leica Kamera aus der Tasche und fotografierte einen alten Kammerbau. Ausgeleuchtet war jenseits der 5000K.
Das hat mich sofort interessiert und ich wollte wissen was er sich denn von diesen Aufnahmen verspricht.
Da mich seine Erklärung keineswegs überzeugt hat mussten Beweise her. Ich fotografierte mit iphone 12 und dem großen Joker, der meiner Meinung nach weltbesten Kamera für unter Tage – einer verwahrlosten GX80. (Manuell und ohne Nachbearbeitung fotografiert)
Einige Wochen später:
Das ästhetisch schönste Bild lieferte das iphone, Lumix und Leica hatten das nachsehen.
Darauf kam es aber gar nicht an, denn der Kollege legte Wert auf eine natürliche, originalgetreue bzw. 1:1 Wiedergabe. (Mir fehlt jetzt einfach der Fachausdruck dafür).
Wie erwartet lieferte meine Lumix ab, das iphone zeigte Farben die es in der realen Welt nicht gibt (O-Ton des Kollegen) und die alte Leica zeigte was mir versprochen wurde und das sehr deutlich.
Das gewählte Motiv war nicht ohne, es handelte sich um verschiedene Mineralien dazwischen schönstes Azurit in einem Hydrothermalgang.
Grüße
Warum hast Du nicht das iphone 14 Pro zum Vergleich genommen?
Das liefert im RAW in der Hauptkamera immerhin recht ordentlich aufgelöste 48 Mpx.
Auch hätte mal eine Nachtaufnahme gemacht werden können – vom Stativ, da die Canon das Freihand nicht kann.
Ganz einfach: Ich habe kein iPhone 14 Pro 🙂