Rot-Grün-Schwäche Brille – Und der Nutzen für meine Fotografie

Ich habe eine Rot-Grün-Schwäche. Was ist das? Beeinträchtigt die Sehschwäche meine Fotografie? Kann mir eine Rot-Grün-Schwäche Brille zur Korrektur helfen? Ich habe ein Modell ausprobiert.

Der folgende Artikel beruht allein auf meinen eigenen subjektiven Erfahrungen. Ich bin weder Arzt noch Optiker. Ich übernehme keine Haftung für die Richtigkeit. Ich schildere das, was ich mit der Rot-Grün-Schwäche Brille selbst erlebt habe.

Was ist Rot-Grün-Schwäche?

Die Rot-Grün-Schwäche ist eine Farbsehschwäche. Wie der Name schon sagt nehmen Menschen mit dieser Einschränkung insbesondere die Farben Rot und Grün schlechter wahr. Dabei gibt es unterschiedliche Abstufungen. Manche Menschen sehen diese beiden Farben weniger kräftig als normal, andere sehen diese Farben nur als Grautöne. Laut Wikipedia sind etwa 9 % aller Männer und 0,8 % aller Frauen davon betroffen.

Wie ich Farben wahrnehme

Bei mir ist es so, dass ich vor allem kräftiges Rot und Grün auch als solches erkenne. Das klassische Beispiel ist immer die Ampel. Hier habe ich keinerlei Probleme. Abseits davon ist aber vor allem Rot für meine Wahrnehmung weniger stark ausgeprägt. Wenn für dich eine Mohnblume in einem Feld optisch hervorsticht, nehme ich das Rot zwar wahr, aber es springt mich nicht an.

Was eine Rot-Grün-Schwäche für meine Fotografie bedeutet

Für die Farbfotografie ist eine farbliche Sehschwäche natürlich keine besonders gute Voraussetzung. Insbesondere in Sachen Bildkomposition und dem Ausbalancieren von Farben baue ich meine Bilder wohl anders auf als Menschen ohne Rot-Grün-Schwäche. Ich habe immer mal wieder Phasen, in denen ich deshalb fast ausschließlich in Schwarz-Weiß fotografiere. Das war beispielsweise auch bei der Dark Monuments Serie ein Faktor.

Kollhoff Tower

Kollhoff Tower

Dennoch hält mich die Rot-Grün-Schwäche natürlich nicht davon ab, auch weiterhin Farbfotografie zu betreiben. Besonders in der Nachbearbeitung meiner Landschaftsfotos stimme ich die Farben so ab, wie ich sie beim Fotografieren gesehen habe. Da ich ja sowohl beim Fotografieren als auch beim Nachbearbeiten die gleiche Farbsehschwäche habe, gibt es hier kaum Verschiebungen.

Was ist eine Rot-Grün-Schwäche Brille?

Zur Korrektur dieser Farbsehschwäche gibt es seit einiger Zeit entsprechende Brillen. Die Gläser dieser Brillen filtern die Farben in bestimmten Wellenlängen. Dadurch verstärken oder verschieben sie Farben für den Träger.

Rot-Grün-Schwäche Brille von Pilestone

Rot-Grün-Schwäche Brille von Pilestone

Für welche Arten von Rot-Grün-Schwäche ist eine solche Brille geeignet?

Wie oben beschrieben gibt es verschiedene Arten und Stufen der Rot-Grün-Schwäche. Dementsprechend sollte man schauen, welche Farbsehschwäche man selbst hat. Es gibt Brillen für mittlere und starke Deuter-Schwäche und für Protan Farbenblindheit. Deuter steht für eine Grün-Schwäche und Protan für eine Rot-Schwäche.

Vom Hersteller Pilestone gibt es beispielsweise mehr als drei Abstufungen, darunter finden sich:

  • Typ A für leichte bis mittlere Rot-Grün-Schwäche
  • Typ B für starke Rot-Grün-Schwäche
  • Typ D für Rotblindheit und Rotsehschwäche

Hier ist es also sinnvoll, vorab zumindest verschiedene Testbilder online anzuschauen, um herauszufinden, wie stark die eigene Farbsehschwäche ausgebildet ist. Auf brillen-sehhilfen.de gibt es einen Simulator für die Rot-Grün-Schwäche.

Hersteller von Rot-Grün-Schwäche-Brillen

Der bekannteste Hersteller für die besonderen Korrekturbrillen ist Enchroma. Die Modelle der Marke sind in Deutschland jedoch nicht so einfach zu haben. Man kann über den Online-Shop von Enchroma die Brillen direkt aus den USA beziehen. Inklusive Versand geht es etwa ab 280 € los.

Das war mir persönlich etwas zu viel Geld, besonders weil ich noch nicht einmal wusste, ob und wie eine Rot-Grün-Schwäche Brille bei mir funktioniert. Daher habe ich mich für die günstigere Variante von Pilestone entschieden (ca. 90 €), die auch direkt über Amazon in Deutschland verkauft wird.

Eine weitere Alternative ist der Besuch bei einem Optiker, der eine professionelle Messung der Farbsehfähigkeiten vornimmt und dann eine entsprechende Brille anfertigt oder bestellt.

Die Pilestone Brille im Test

Die Pilestone Brille, die ich gewählt habe, sieht auf den ersten Blick wie eine normale Sonnenbrille aus. Die Gläser sind nach außen silber verspiegelt. Die qualitative Anmutung ist nicht wahnsinnig hoch, aber das Gestell tut seinen Zweck und macht nicht den Eindruck, dass es bald auseinanderfällt. Es gibt auch noch einige andere Gestelle im Angebot. Ich habe mich für den Typ A bei den Gläsern entschieden. Fast noch besser als die Brille selbst kommen das beigefügte Etui und Reinigungstuch daher.

Rot-Grün-Schwäche Brille von Pilestone mit Etui

Rot-Grün-Schwäche Brille von Pilestone mit Etui

Wenn du dir nicht sicher bist, welche Gläser für dich passen, dann finde ich das folgende Zitat von der Pilestone Website hilfreich:

Wählen Sie Typ (A), welches für die meisten Farbenblinden großartige Resultate erzielt. Oder Typ (B) für einen extra „Boost“ für stärkere Ausprägungen von Farbenblindheit. Pilestone Website

Voraussetzungen, damit die Pilestone Brille funktioniert

Die Brillen von Pilestone sind primär für draußen gedacht. Damit sie optimal funktionieren, sollte es ausreichend hell sein. Ebenso sollte man den Augen einige Minuten Zeit geben, damit sich die Wahrnehmung anpassen kann.

Wie wirkt die Brille für mich?

Als Erstes hatte ich die Brille natürlich bei mir im Wohnzimmer auf. Es war Abends und die Brille tauchte erst einmal alles in Rosa. Ich habe zwei Decken in den Farben Rot und Orange auf dem Sofa. Diese strahlten deutlich stärker als vorher.

Entsprechend den Voraussetzungen habe ich die Brille dann am nächsten Tag draußen bei vollem Sonnenschein aufgesetzt. Ich kann sie durchaus als Sonnenbrille nutzen, denn sie dunkelt auch ab. Der rosa Farbstich war im ersten Moment noch da, verschwand aber nach ein paar Sekunden. So bin ich dann einfach mal durch die Stadt gelaufen und habe mich intensiver als sonst umgesehen. Generell habe ich den Eindruck, dass die Farben mit der Brille kräftiger erscheinen. Einige Rottöne springen mich nun wirklich an. Der Unterschied zwischen Gelb und Grün ist ebenfalls mehr ausgeprägt. Besonders die rote Umrandung von Verkehrs-Verbotsschildern in der Sonne sticht mit der Brille nun unheimlich heraus.

Bilder mit und ohne Brille

Ich glaube Farbwahrnehmung ist etwas, was schwer oder gar nicht in Worte zu fassen ist. Ich habe deshalb einige Bilder aufgenommen. Bei diesen Bildern habe ich ein Bild ohne und ein Bild mit Brille vor dem Objektiv aufgenommen. Dabei habe ich den Weißabgleich auf Tageslicht eingestellt, damit die Kamera nicht gegensteuert.

Rot-Grün-Schwäche Brille: Beispielbild - oben ohne Brille, unten mit

Rot-Grün-Schwäche Brille: Beispielbild – oben ohne Brille, unten mit

Wenn ich die Bilder nun am PC ansehe, dann ist es anders als Vorort. Für mich ist das Blau des Himmels mit der Brille in etwa so wie auf dem oberen Bild. Das Rot des linken Gebäudes ist dafür wesentlich kräftiger, das kommt auf dem Bild schon nah heran.

Es ist schwer zu sagen, ob diese Bilder wirklich den Eindruck rüberbringen. Vor allem deshalb, weil eine Kamera ganz anders als das menschliche Auge und die Wahrnehmung funktioniert. Aber vielleicht hilft es ja ein wenig.

Update: Auf Anregung aus den Kommentaren von Kendon habe ich noch ein Vergleichsbild gemacht. Diesmal habe ich den automatischen Weißabgleich der Kamera genutzt. Die Idee war, dass das Auge ja auch einen Weißabgleich vornimmt. Interessanterweise hat die Kamera dies selbst nicht geschafft. Ich habe aber in Photoshop eine automatische Tonwertkorrektur auf beide Bilder vorgenommen. Das Ergebnisse kommt meiner Meinung nach schon nah an das heran, was ich mit der Brille sehe.

Rot-Grün-Schwäche Brille: Beispielbild 2 - oben ohne Brille, unten mit

Rot-Grün-Schwäche Brille: Beispielbild 2 – oben ohne Brille, unten mit

Wie kann mir diese Brille für meine Fotografie helfen?

Beim Fotografieren

Ich habe überlegt, inwieweit mir eine solche Rot-Grün-Schwäche Brille bei meiner Fotografie helfen kann. Es ist auf jeden Fall denkbar, die Brille beim Fotografieren zu tragen, um die Farben bei der Bildkomposition besser einschätzen zu können. Vermutlich sehe ich damit auch Motive, die mir dann eher auffallen, als ohne Brille.

Bei der Nachbearbeitung

Ich habe auch einen Test für mich am Monitor gemacht. Dazu habe ich meinen Monitor auf volle Helligkeit eingestellt, damit die Brille möglichst gut funktioniert. Dann habe ich mir Bilder aus meinem Portfolio mit und ohne Brille angeschaut. Bei den meisten Bildern waren die Farben zwar mit der Brille kräftiger, aber ich habe keine “Fehler” bei der Farbbalance gemacht. Wesentlich intensiver sehe ich mit der Brille solche Bilder mit kräftigem rötlichem Sonnenuntergangslicht.

Schiffswrack Talmine Beach

Schiffswrack Talmine Beach

So ist es denkbar, dass ich die Brille für meine Nachbearbeitung einsetze, wenn ich in einem der letzten Bearbeitungsschritte die Anpassung der Farben vornehme. Damit kann ich nun auf jeden Fall besser einschätzen, wie kräftig Rot und Orange für Menschen ohne Rot-Grün-Schwäche wirkt.

Mein Fazit zur Rot-Grün-Schwäche Brille von Pilestone

Für mich funktioniert die Brille von Pilestone. Ich werde sie wohl hauptsächlich in Zukunft bei Städtetouren tragen. Die Farben, besonders Rottöne, sind damit viel kräftiger als vorher. Das wird mir auch in der Nachbearbeitung meiner Bilder helfen.

Ob eine solche Brille für dich funktioniert, solltest du meiner Meinung nach selbst ausprobieren. Hier gibt es kein Allheilmittel, denn jeder Mensch hat andere Augen. Wie oben angesprochen gibt es viele verschiedene Ausprägungen der Rot-Grün-Schwäche. Aber ein Test ist es meiner Meinung nach auf jeden Fall wert.

Hast du eine Rot-Grün-Schwäche? Wie ist das für dich im Zusammenspiel mit der Fotografie? Nutzt du auch eine entsprechende Brille? Schreib mir in den Kommentaren!

8 Kommentare

  1. Nutzer Avatar
    15. April 2020

    Hallo Mattthias,

    endlich spricht mal einer darüber ! Ich bin auch rot/grün schwach und ernte in meiner Umgebung deswegen oft unverständliche Blicke oder Kommentare (wie, siehst Du nur schwarz-weiss, oder was…?), weil ich Dinge anders sehe als die Nicht-Beeinträchtigten. Meine Bilder sind deswegen manchmal auch farblich etwas „anders“, sagen zumindest meine Frau und meine Tochter. Ich denke, die Dunkelziffer von Männern mit diesem Problem liegt wesentlich höher als Du erwähnt hast.

    Ich habe vor einiger Zeit mal einen Optiker angesprochen, da er entsprechende Werbung im Schaufenster hatte. Aber er hat mir was die Verbesserung angeht nicht viele Hoffnungen gemacht. Vielleicht ist die Technik ja jetzt weiter. Ich werde es auf jeden Fall nochmal versuchen. Mein Problem ist auch, das diese Technikin meine normale Brille eingearbeitet werden müsste, da ich eben Brillenträger bin und das scheint nicht trivial zu sein(Stichworst Auto fahren).

    Auf jeden Fal danke ich Dir, das Du das Problem mal angesprochen hast. Man fühlt sich manchmal schon sehr als Aussenseiter, vor allen Dingen wenn in Fotogruppen Farbdiskussionen geführt werden, bei denen ich dann nicht mitreden kann.

    Wie kalibrierst Du denn Deinen Monitor ?

    Ich finde übrigen viele Deiner Fotos sehr schön und für mich farblich ansprechend!

    Gruss aus Leverkusen
    Rolf

  2. Nutzer Avatar
    Kendon
    14. April 2020

    Interessant fände ich noch ein Vergleichsbild mit/ohne Brille und automatischem Weissabgleich, bzw. manuell auf eine Graukarte. Ich denke das würde eher die tatsächliche Verschiebung abbilden, das Auge bzw. Gehirn macht ja nichts anderes als einen „automatischen Weissabgleich“ (das weisse Blatt sehen wir immer als weiss, egal ob Sonnenlicht oder Neonröhre).

    • Nutzer Avatar
      17. April 2020

      Das war eine sehr interessante Idee! Es hat ein wenig gedauert, aber gestern habe ich endlich ein solches Vergleichsbild gemacht. Ich habe den Artikel geupdatet und es oben eingefügt. Dazu habe ich noch meine Empfindungen geschrieben. Danke dir!

      • Nutzer Avatar
        Kendon
        18. April 2020

        Prima, danke, sieht so aus als würden in erster Linie Rottöne verstärkt, das ist interessant.

  3. Nutzer Avatar
    Pascal
    11. April 2020

    Hi Matthias,

    ich bin Hobbyfotograf und habe ebenfalls eine Rot Grün Schwäche.

    Beim Fotografieren und anschließenden Bearbeiten habe ich auch schon öfters gefragt ob meine Bilder dadurch unrealistisch aussehen. Wenn ich mir mal komplett unsicher bin frage ich meine Frau. Bislang habe ich aber noch nie mit den Farben daneben gelegen, auch wenn ich sie leicht anders sehe. Ist bei mir also genauso wie bei dir. Deswegen habe ich Deinen Artikel mit großem Interesse gelesen.

    Eine Brille würde ich mir deswegen jedoch nicht kaufen. Ein eigener Test wäre aber schon interessant.

    Vielen Dank für Deine Eindrücke!

    Frohe Ostern und mach weiter so 🙂

    • Nutzer Avatar
      11. April 2020

      Hallo Pascal,

      danke dir, das freut mich sehr! Wahrscheinlich sind die Unterschiede auch nicht riesig, weil man ja wie erwähnt in beiden Fällen diese Sehschwäche hat. Für mich ist es einfach interessant zu sehen, wie die Welt wirklich aussehen kann. 🙂

      Liebe Grüße,

      Matthias

  4. Nutzer Avatar
    Jan
    10. April 2020

    Danke, Matthias. Ich habe wenn ich bei deinen Link https://www.brillen-sehhilfen.de/rot-gruen-farbschwaeche-simulator/ teste eine mittlere rot-grün Farbenschwäche. Beim fotografieren selbst ist das kaum ein Problem. Es ist ja ein Hobby und wenn etwas ncht stimmt ist das kein Problem. Höchstens für mich selbst wenn die Kommentare kritisch sind. Also mache ich viel in schwarz-weiss. Aber es ist doch schade dass ich die Farben nicht gut sehe.
    Ich wusste nicht dass es solche Brillen gibt aber das könnte was sein.Die Kommentare auf Amzazon sind ganz verschieden und das kann sein weil Individuell grosse Unterschiede bestehen.
    Also eine Frage an dich: hast du mit der Brille auch den Simulatortest getan? Wenn die Brille funktioniert sollte das im Simulator ja auch sichtbar werden, oder nicht?
    Grüsse,
    Jan (Utrecht)

    • Nutzer Avatar
      11. April 2020

      Hallo Jan,

      das stimmt, vielfach ist es nicht schlimm. Ich habe auch den Simulatortest mit und ohne Brille gemacht. Ich konnte mit der Brille auf jeden Fall mehr sehen, aber auch nicht Alles.

      Liebe Grüße,

      Matthias

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