Heute präsentiere ich eine neue Serie, die ich Ende letzten Jahres in Zeitz fotografiert habe. Ich erzähle, wie es dazu kam und dass ich seit langer Zeit mal wieder einen dieser magischen Fotomomente hatte.
Erstkontakt
Vor zwei Jahren habe ich in Zeitz, im südlichen Sachsen-Anhalt, mal einen Fotoworkshop über Großformatkameras mitgemacht. Ohne es vorher zu wissen, gingen wir damals nach der technischen Einführung zum Fotografieren mit einer solchen Kamera in einen japanischen Garten. Als ich das hörte, ging mir natürlich das Herz auf, weil ich die Teekultur und japanische Gärten generell sehr mag.

An diesem Nachmittag hatte ich dort mit den analogen Großformatkameras nur zwei Aufnahmen gemacht und war fest entschlossen, dort später noch einmal mit mehr Zeit zu fotografieren.
Außerdem wollte ich die nächsten Aufnahmen digital machen. Die folgende Serie ist also unabhängig von dieser Aufnahme zu sehen.
Ausgezeichnete Planung
Im Sommer letzten Jahres besuchte ich den Garten dann nochmals mit meiner Freundin, aber ohne Kamera. Als das Jahr so langsam zu Ende ging und sich der Herbst in voller Pracht zeigte, stand die Teneriffa-Reise im November an. Ich hatte aber vorher noch einmal das Bedürfnis, irgendwo in meiner näheren Umgebung zu fotografieren. Ich nahm mir einen Montag zum Fotografieren frei und fuhr trotz regnerischer Wettervorhersage nach Zeitz. Regen brauchte ich zwar nicht, aber bewölkter Himmel und damit diffuses Licht waren für mich die Bedingungen, die ich mir für dieses Motiv gewünscht hatte.
An diesem 1. November wollte ich dort im japanischen Garten fotografieren. Ich hatte auch deshalb Montag gewählt, weil ich gehofft hatte, dass dort möglichst wenig Besucher anwesend waren. Gewissermaßen sollte ich damit auch recht behalten.
Ich kam gut gelaunt an den Toren der Gartenanlage von Schloss Moritzburg an. In dieser Gartenanlage befindet sich auch der besagte japanische Garten. Mit erschrecken musste ich aber feststellen, dass das Tor des Haupteingangs verschlossen und ein großes Banner daran zu finden war. Darauf stand sinngemäß “Geöffnet vom 1. Mai bis 31. Oktober.” Ich war wie gesagt am 1. November da, also genau einen Tag zu spät. Ich ärgerte mich über mich selbst, dass ich nicht vorher noch einmal die Öffnungszeiten gecheckt hatte.
Ein Versuch
Was sollte ich nun tun? Ich lief entmutigt um die äußere Umzäunung des Schlossgartens herum. Passend dazu fing es natürlich an zu regnen. Auf einer Infotafel zur Gartenanlage fand ich eine Telefonnummer der Stadt Zeitz, die die Gartenverwaltung inne hat. Ich dachte mir: Ich frage einfach mal, ob ich irgendwie doch hinein komme. Mehr als „Nein“ sagen können sie nicht.
Am Telefon schilderte ich mein Anliegen und dass ich extra heute aus Halle nach Zeitz gekommen bin, um im japanischen Garten zu fotografieren. Nach kurzer Bedenkzeit und Rücksprache mit einer Kollegin sagte mir die Mitarbeiterin, dass sie in ein paar Minuten bei mir sei und wir über die Sache sprechen könnten.
Sie sagte mir dann, dass wir den Zustand des japanischen Gartens erst in Augenschein nehmen müssten, da dieser normalerweise morgens geharkt und gesäubert wird und auf den Fotos natürlich gut aussehen sollte. Dort angekommen, waren wir uns einig, dass der Zustand vollkommen in Ordnung ist. Dann hieß es nur noch: “Wenn sie fertig sind, dann gehen sie einfach durchs Drehkreuz hinaus.” Ich bedankte mich mehrmals für diese großartige Möglichkeit. Mein Herz tanzte vor Freude. Ich hatte die gesamte Gartenanlage inklusive dieses japanischen Gartens für mehrere Stunden zum Fotografieren für mich allein. Unglaublich!
Viel Zeit zum Auswählen und Fotografieren
Zu diesem Zeitpunkt regnete es immer noch. Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, baute ich Stativ und Kamera im Trockenen unter dem Pavillon des japanischen Gartens auf. Ich sah mir auf einer Wetter App das Regenradar an, in der Hoffnung, dass es irgendwo ein Fenster gab, wo es nicht regnen sollte. Laut Karte war das etwa 30 Minuten später der Fall. Nun hatte ich eine halbe Stunde Zeit, um mir die Motive, Perspektiven und Bildkompositionen genau auszusuchen. Mit Regenschirm ging ich im japanischen Garten auf und ab. Ich sah mir alles genau an, ging in die Hocke, stand auf und prüfte jedes Detail. Am Ende hatte ich etwa acht Motive im Kopf, die ich fotografieren wollte.
Ich hatte wie üblich nicht gefrühstückt, weil ich intermittierendes Fasten betreibe. Der Hunger wurde immer mehr. Es war schon 13 Uhr, aber das Mittagessen musste an diesem Tag warten. Der Not-Snack in Form eines Müsliriegels musste reichen.
Der Regen dauerte noch ein wenig länger an, aber nach 40 Minuten war es soweit. Die Wassertropfen hingen noch an den Blättern, als ich anfing zu fotografieren.
Die nächsten zwei Stunden waren für mich absolut magisch. Ich hatte in der Kamera direkt Schwarz-Weiß eingestellt und sah also gleich die finalen Bilder. Es waren ein paar dieser seltenen Momente, wo du beim Fotografieren schon merkst, dass die Bilder (für dich) toll werden. Ich fotografierte genau die ausgesuchten Bildausschnitte und irgendwie passte in dieser Zeit wirklich alles. Im Englischen sagt man zu diesem Zustand “In the Zone”. Ich konnte kaum glauben, was ich im Sucher der Kamera schon an fertigen Bildern sah.
Ich hatte mit meiner Kamera das Gefühl, exakt die Atmosphäre dieses japanischen Gartens einfangen zu können. Mehrmals dachte ich mir, dass ich immer genau so fotografieren möchte. Ich vergaß die Zeit vollkommen. Es fing später auch wieder an zu regnen, als ich durch die weitere Gartenanlage ging und fotografierte, aber das war mir in diesem Moment vollkommen egal. Total beseelt, verließ ich nach drei Stunden den Garten.
Mit welcher Kamera sind die Aufnahmen entstanden?
Alle Aufnahmen sind mit der Fujifilm X100V und der Schwarz-Weiß-Filmsimulation namens Fujifilm Acros entstanden. Normalerweise fotografiere ich fast nur im RAW Format, aber die Fujifilm-Simulationen und vor allem JPG Dateien sind so gut, dass ich für Schwarz-Weiß-Serien mit dieser Kamera fast nur noch Acros und JPG nehme. Außerdem habe ich die Bilder direkt quadratisch aufgezeichnet. So fällt es mir viel leichter, die Bildkomposition zu machen. Ich habe die Fotos später auch am PC nicht mehr bearbeitet, sondern nur noch die Größe angepasst.
Als Stativ kam das Manfrotto Befree GT Carbon zum Einsatz.
Speziell das erste Bild ist für mich persönlich etwas ganz Besonderes. Es wird mit Sicherheit auch in der Jahresauswahl zu sehen sein.
Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals bei der Mitarbeiterin der Stadt Zeitz bedanken, die mir trotz geschlossenem Park den Eintritt gewährt hat!
Wie gefällt dir die Serie? Wann hattest du das letzte Mal einen dieser magischen Fotomomente? Schreib mir in den Kommentaren!
Hallo Matthias,
ein sehr schöner Bericht und die passenden Bilder, klasse und danke. Ich kann mich erinnern, das schon vor längerer Zeit einmal in einem japanischen Garten fotografiert hast. Daher kann ich dir nur empfehlen, du musst mal nach Japan. Ich bin total begeistert von dem Land, will nächstes Jahr wieder hin und habe noch nie jemanden getroffen, der es bereut hat dorthin zu reisen. Auch du wirst überwältigt sein.
Viele Grüße aus Delitzsch
Bernd
Hallo Bernd,
ich danke dir! Es werden auch nicht die letzten Bildes eines japanischen Gartens bleiben, so viel kann ich schon versprechen.
Je mehr ich von Japan lese, sehe und höre, umso mehr zieht es mich dorthin. Vielleicht wird ja schon nächstes Jahr was.
Liebe Grüße nach Delitzsch,
Matthias
Hallo Matthias,
neulich war ich auf dem Friedhof. Ohne Kamera. Und habe an deine Fotos gedacht.
Nun sehe ich deine Bilder des japanischen Gartens. Ich war vor langer Zeit in Japan und habe ganz still mit vielen Japanern vor solchen Gärten das Meditative erfahren. Viele Menschen und trotzdem Stille! Die Japaner können das.
Ich habe 2019 morgens um 6 Uhr ganz alleine bei Monte Albán in Mexico gestanden, kein Mensch sonst dort, und fotografiert.
– Zustände der meditativen Versenkung.
Der, der diese Versenkung mittels einer Fotografie anderen vermitteln kann, wäre ein Meister der Fotografie.
Eine Großbildkamera hebt den Wert der Fotografie. Ich denke du weist, was ich damit meine.
Herzliche Grüße
Sabine
Hallo Sabine,
ich danke dir für deine Worte. Ich merke zwischen deinen Zeilen, dass du ganz genau das nachvollziehen kannst, was ich versucht habe einzufangen. Nicht jeder hat die Antennen dafür, umso mehr schätze ich die Schilderung deiner Erfahrungen.
Liebe Grüße,
Matthias
Moin Matthias,
ich danke dir für die emotionale Schilderung. Da hast du ja richtig Glück gehabt! Mir gefallen am Besten 1, 4 und 5, und natürlich die Großformataufnahme. Vor etlichen Jahren war ich auch dort, leider ohne Kamera…
Die Großformat – war das eine ursprüngliche Reprokamera? Dereinst sah ich einen Typ hier im Park mit so einem Ding, montiert auf einem Bollerwagen mit Scherengitter darunter zum Hoch -und Runterleiern 🙂 – Viele Grüße aus Leipzig von (auch) Matthias
Hallo Matthias,
ich danke dir für das Feedback! Ich kann dir nicht genau sagen, ob das eine Reprokamera war, da kenne ich mich in dem Bereich noch nicht genug aus. Das mit dem Bollerwagen hört sich nach einer sehr schweren Kamera an. Ich hatte bei dem Workshop noch nicht einmal eine besonders große Kamera. Trotzdem wog die Kombination aus Kamera und Stativ schon locker 10 Kilo. Das überlegt man sich ganz genau, wo man das hinträgt.
Liebe Grüße,
Matthias
Für mich war sehr spannend die Beschreibung Deiner inneren Befindlichkeit während der Zeit im japanischen Garten. Was gibt es Schöneres als sich so zu verlieren beim Fotografieren…
Die Bilder haben mich spontan an Deine Serie vom Friedhof erinnert. Das erste Bild, der Vordergrund, das Jetzt, erscheint scharf, dass was kommt unscharf – wohin führt der Weg, das Leben…
So ist es mir ergangen mit Deinen Bildern, für die ich Dir danke. Aber das ist natürlich für jeden anders.
Danke und herzliche Grüße, Ursula
Hallo Ursula,
ich freue mich sehr über deine Zeilen und dass du dir die Zeit genommen hast, von deinen Empfindungen zu meinen Bildern zu schreiben. Das ist wertvoll für mich!
Liebe Grüße,
Matthias