Vor Kurzem habe ich ein neues Buch von Michael Freeman gelesen. Daher gibt es heute die Rezension zu “Einzigartige Fotos – Erprobte Wege zum herausragenden Motiv”.
Inhaltsverzeichnis
Wie kam es zu dieser Rezension?
Der mitp Verlag hat mir freundlicherweise ein Exemplar des Buches zur Verfügung gestellt. Generell fließt kein Geld, egal mit welchem Hersteller ich zusammenarbeite. Nur so kann ich unabhängige Beiträge sicherstellen. Ich stelle auch vor jeder Zusammenarbeit klar, dass ich einen ehrlichen Artikel über das Produkt schreibe. Solch ein Beitrag kann also auch negativ ausfallen, was bei ein paar Druckprodukten bereits der Fall war.
Michael Freeman kenne und empfehle ich gerne zum Thema Bildkomposition. Sein Buch “Der fotografische Blick” ist für mich eines der wenigen Fotobücher, welches ich nicht nach der Lektüre wieder verkauft habe. Umso gespannter war ich auf sein neues Buch “Einzigartige Fotos – Erprobte Wege zum herausragenden Motiv”.
Für wen ist dieses Buch sinnvoll?
Michael Freeman erklärt gleich zu Beginn, dass er das Buch für fortgeschrittene Fotografen verfasst hat.
“Ich gehe davon aus, dass Sie ausreichend Können und Talent haben, um aus jedem Ding ein gutes Bild zu machen.”
Meines Erachtens nach ist damit gemeint, dass der Leser das Handwerk der Fotografie und Bildkomposition beherrschen sollte. Ich denke jedoch, dass die Einblicke auch Fotografen helfen, die in diesen Themen noch nicht sämtliches Wissen erlernt haben (wenn das überhaupt möglich ist).
“Einzigartige Fotos” ist kein Buch, welches dich an die Hand nimmt und dir mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung das ultimative Rezept für großartige Fotos gibt. Es ist eine Sammlung der Arbeitsweisen verschiedener Fotografen und Fotografinnen. In dem Buch finden sich viele bekannte Namen wie Pete Souza, David duChemin oder W. Eugene Smith. Insofern empfinde ich es als Einblick in deren Arbeitsweise, die man so sonst nicht bekommt.
Im gesamten Buch geht es so gut wie nie um technische oder kompositorische Details. Viel mehr beleuchtet Freeman die Gedanken und Abläufe hinter der Entstehung der Bilder. Häufig sind ganze Bildserien das Thema.
Was meine ich genau mit Arbeitsweisen? Hier geht es darum, wie ein Fotograf seine Arbeit vorbereitet und dann umsetzt:
- Was hat ihn zu seinen Motiven geführt?
- Warum nimmt er diese Motive auf?
- Wie organisiert er sich dabei?
- Arbeitet er mit anderen Menschen zusammen?
- Wie geht er mit den Menschen um?
- Welches Wissen und welche Besessenheit ist nötig?
- Wie steht es um die Sicherheit bei den Aufnahmen?
Michael Freeman hat dafür offensichtlich viele Kontakte innerhalb der Fotografen-Szene.
Ein schönes Beispiel, bei dem ich schmunzeln musste, findet sich gleich im ersten Kapitel. Hier geht es um den Londoner Straßenfotografen Matt Stuart, der dort jeden Tag fotografiert hat. Mit der Zeit hat er das Londoner Leben nach Wochentagen sortiert.
So weiß er ziemlich genau, welche Motive er wann und wo finden kann.
Viele Beispiele aus dem Buch drehen sich um Reportagefotografie und Fotojournalismus. Doch auch Portraits, Stillleben, Landschaftsfotografie und Composing kommen vor. Ich denke, dass es inhaltlich für jeden interessant ist, unabhängig vom fotografischen Gebiet.
Aufteilung – die Kapitel
Die Arbeitsweisen und Geschichten sind in 5 Kapitel aufgeteilt. Jede Geschichte ist auf zwei bis maximal vier Seiten erklärt, sodass es immer schnell lesbare Häppchen sind. Und natürlich gibt es zu jeder dieser Geschichten auch das passende Bild.
1. Rechter Ort, Rechte Zeit
Kapitel 1 dreht sich um Vorbereitung und Bedeutung des richtigen Timings. Wenn du etwas oft machst und dabei gut vorbereitet bist, dann wirst du sehr wahrscheinlich gut darin werden.
Gleich der erste Bericht handelt vom Sensationspressefotografen Arthur Fellig, der in den 40er und 50er Jahren in New York arbeitete. Seine Intensität ging soweit, dass er in ein Zimmer gegenüber des Polizeihauptquartiers von Manhattan einzog und damals der einzige freiberufliche Fotograf war, der den Polizeifunk abhören dürfte. So war er oftmals vor der Polizei am Ort des Geschehens.
2. Herz & Verstand
In diesem Kapitel geht es um den Umgang mit Menschen: Einerseits soll ihre Geschichte erzählt werden, andererseits muss natürlich auch um Erlaubnis für ein Foto gefragt werden. Manchmal ist es jedoch sinnvoller, erst nach dem Foto um Entschuldigung zu bitten. Hier merkt man die langjährige Erfahrung von Michael Freeman. Auch die Sicherheit des Fotografen wird in diesem Kapitel beleuchtet.
Eine Geschichte in diesem Abschnitt dreht sich um das “Unsichtbar sein”. Wie verhält man sich so, dass man als Fotograf nicht gleich wahrgenommen wird? Das Beispiel hier stammt von Pete Souza. Am 70. Jahrestag des D-Days kam er soweit an Wladimir Putin und Barack Obama heran, dass er deren Gespräch hören konnte.
3. Eintauchen
Eine Erweiterung dieses „Unsichtbar-seins“ ist das Kapitel Nummer 3. Wie schaffe ich es, dass mich die fotografierten Menschen nicht als Fremden wahrnehmen? Hier wird von Fotografen berichtet, die länger an einem Ort gelebt und sich aufgehalten haben. Auch geht es darum, seine Heimat zu fotografieren und an sonst vermeintlich alltäglichen Orten das fotografische Auge offen zu halten.
“Es hilft auch, ein kleines Territorium zu haben, mit dem man vertraut ist, sodass man weiß, wo man am ehesten ein gutes Foto machen kann, wie bei dem Bild gegenüber.”
4. Deep Learning
In Kapitel 4 geht es darum, mehr von seinen Motiven zu wissen. Wenn du die Details und Eigenheiten deiner Motive kennst, dann weißt du viel besser, auf was es zu achten gilt.
Aus diesem Abschnitt ist mir besonders die Entstehung von Stanley Kubriks “Barry Lyndon” im Gedächtnis geblieben. Kubrik verbrachte hier mehr als ein Jahr vor Beginn der Dreharbeiten mit der Vorbereitung. Er sammelte Zeichnungen und Gemälde aus Kunstbüchern, studierte die Maler der damaligen Zeit, kaufte Kleidung aus diesem Zeitraum und sorgte filmuntypisch sogar für die gleiche Beleuchtung am Set wie damals – nämlich nur mit Kerzenlicht.
5. Unkonventionell
Das letzte Kapitel handelt von ungewöhnlichen Herangehensweisen an ein gutes Foto. Es weist darauf hin, dass ein Foto nicht perfekt sein muss und offenen Raum für Interpretation liefern kann. Hier geht es auch um Selfies und die Möglichkeit, Bilder in Composings am Rechner zu konstruieren.
Ein schönes Beispiel für unkonventionelles Arbeiten ist ein Projekt von Guy Bourdin. In den 70er Jahren setzte er für die Vogue die neue Schuhkollektion eines französischen Herstellers in Szene. Dafür fotografierte er an verschiedenen Orten in England nur die Beine von Schaufensterpuppen mit den Schuhen an den Füßen.
Mein Fazit zu Michael Freemans “Einzigartige Fotos”
Ich fand die Einblicke in die unterschiedlichen Arbeitsweisen der Fotografen sehr interessant. Mich störte dabei überhaupt nicht, dass ich eigentlich in der Landschaftsfotografie zuhause bin. Diese Einblicke und Geschichten findet man sonst nicht so ohne Weiteres, denn sie setzen Kontakte zu den Fotografen voraus. So empfinde ich es also inspirierend, über meinen eigenen Tellerrand hinaus zu blicken.
Auch wenn ich hier im Beitrag schon einige Learnings umrissen habe, so kann ich dir trotzdem empfehlen, das Buch selbst zu lesen. Das menschliche Gehirn merkt sich vor allem Geschichten. Und davon gibt es in diesem Buch jede Menge. Es ist unter anderem über Amazon erhältlich.
Wäre das Buch etwas, das dir fotografisch weiterhilft? Hast du noch eine Buchempfehlung zu Weihnachten? Schreib mir in den Kommentaren!